Burn-out bei Führungskräften
Vor 50 Jahren ging es in der Wirtschaft hauptsächlich um rationelle Leistungserbringung. Menschen zu führen hieß im Kern, Aufgaben zu verteilen, Anweisungen zu geben und Ergebnisse zu kontrollieren. Der Chef hatte alle Informationen und alle Fäden in der Hand. Der Lohn für diese Form der Ordnung war Stabilität und Sicherheit. Manager*innen der alten Schule kümmerten sich um die Mitarbeiter*innen und deren Familien, standen bei privaten Schicksalsschlägen mit Rat und Tat zur Seite, genossen gesellschaftlich und in ihrer Firma großen Respekt. Die Arbeitsabläufe, Arbeitsmethoden, Leistungserbringung waren damals klar definiert, die organisatorischen klassischen Management-Funktionen lagen in Planen, Organisieren, Motivieren und Kontrollieren. Es galt wirtschaftlich zu arbeiten. Das was Mitarbeiter*innen und Manager*innen gleichsam motivierte, war der monetäre Anreiz.
Führen ist heute eine hoch-komplexe Tätigkeit
Heute geht es um die Bewältigung der Globalisierung, des demografischen Wandels, des technischen Fortschritts, neuer Innovationen und des stetig zunehmenden Arbeitsdrucks, des wachsenden Wettbewerbs- und Leistungsdrucks im In- und Ausland, der Beschleunigung der Arbeitsabläufe, der Steigerung der Produktivität bei reduzierter Erwerbstätigenzahl, des computerbasiertes Controllings und zusätzlich geht es immer öfters auch um die Bewältigung der mangelnden Anerkennung und der fehlenden Wertschätzung der geleisteten Arbeit. Mitarbeiter*innen wollen wahrgenommen werden und als Partner und Potentialträger behandelt werden. Ihre Motivation zu arbeiten ist nicht alleine von Geld abhängig, sondern von vielen unterschiedlichen Motiven. Daraus ableitend lautet die organisatorische Konsequenz für Management-Funktionen vordergründig: sozialen Austausch schaffen, die Selbstverwirklichung der Mitarbeiter*innen fördern und vor allem auf die individuellen Bedürfnissen einer jeden Mitarbeiterin und eines jeden Mitarbeiters eingehen. Das erfordert von einer Führungskraft heute vollkommen neue Kompetenzen, welche in keinster Weise mehr vergleichbar sind mit den Kompetenzen von vor 50 Jahren. Die Tätigkeit des Führens hat heute nichts mit leicht und verständlich zu tun, im Gegenteil. Manager*innen-Aufgaben gewinnen eine vollkommen neue Job-Description: Sie sind in erster Linie Diagnostiker. Sie diagnostizieren Situationen, erkennen Unterschiede und müssen das Verhalten ihrer Mitarbeiter*innen situationsgemäß variieren können. Führung wird unter diesem Blickwinkel eine hoch-komplexe, sich ständig wandelnde Aufgabe und gleichzeitig Dienstleistung, in der die Beständigkeit keinen Platz mehr zu haben scheint und es auch keine generell richtige Organisation mehr zu geben scheint. Darüberhinaus herrscht im Management heute oftmals der Gedanke „alles ist möglich“ . Dieser Gedanken ist stark in unserer Gesellschaft und Wirtschaft verwurzelt, die dem davorliegenden Gedanken „nichts ist unmöglich“ produziert und reproduziert. Burn-out ist schlicht und einfach die dazu passende Antwort: „Nichts ist mehr möglich“.
Was sollten Führungskräfte heute beachten?
Wie können Manager*innen diesen stressigen hoch-komplexen Aufgaben gewachsen sein? Was können sie gegen ein Burn-out tun? Die Antworten werden in diesem Buch aus einer Burn-out-Interviewstudie mit Führungskräften, Ganzheitsmedizinern, Psychotherapeuten, Business Coaches, Kommunikationsexperten und Betroffenen in acht Punkten abgeleitet. Evelyne Huber meint dazu: „Burn-out ist nicht nur ein Risiko, sondern auch eine Chance, um sich weiterzuentwickeln.“
- Die eigenen Grenzen kennen: Um sich besser vor einem Burn-out schützen zu können, müssen Manager*innen ihren individuellen Punkt der Sättigung beziehungsweise die Schwelle, an der seine Stress- und Reizüberflutung eintritt, kennen, inklusive den persönlichen Stressverstärkern und Stressbewältigungsstrategien.
- Führungs- und Kommunikationskompetenz aneignen: Um die heutigen anspruchsvollen Führungsaufgaben bewältigen zu können, benötigten Manager*innen Selbstbehauptungs- und Selbststeuerungsfähigkeiten, Management- und Kommunikationskenntnisse und die Begabung ein Gleichgewicht der Zeit- und Energieaufteilung zwischen Arbeit und Privatleben (Work-Life-Balance) herzustellen.
- Sich selbst reflektieren: Selbstreflexion gibt Manager*innen die Möglichkeit, über die Richtung ihrer weiteren Vorgangsweise zu entscheiden und dadurch ein Burn-out früh genug abzufangen.
- Ruhe-, Pausen- und Erholungsphasen achten: Pausen durfen in Unternehmen nicht eingespart werden. Darüberhinaus sollte ein Bewusstsein für die Unmöglichkeit des Multitaskings und eine Arbeitskultur geschaffen werden, in der wichtige Aufgaben konzentriert und störungsfrei erledigt werden können.
- Schwäche offen zeigen: Das frühzeitiges Erkennen- und Zeigenkönnen von Schwächen ist eine wichtige Burn-out-Prävention.
- Eine Kultur des Scheiterns entwickeln: Manager*innen sollte vermehrt bewusst gemacht werden, dass bei der menschlichen Zusammenarbeit immer die Gefahr des Missverstehens, des Scheiterns, des Misslingens und der Erfolgslosigkeit besteht.
- Face-to-Face-Kommunikation bevorzugen: Im Sinne einer Burn-out-Prävention und um die eigenen und die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen nicht auszublenden, sollten Manager*innen das persönliche Gespräch mit ihren Mitarbeiter*innen gegenüber anderen Kommunikationsmitteln bevorzugen.
- Informationsflut stoppen: Manager*innen sollten ihre digitalen Kompetenzen fördern, indem sie einen verantwortungsvollen Umgang mit E-Mails sichern, um damit eine Flut von E-Mails zu verhindern. Hierzu zählen auch klare, eindeutige und wertschätzende Formulierungen, denn am Bildschirm kann vieles nicht so entschlüsselt werden wie in der direkten Face-to-Face-Kommunikation. Das Entgegensteuern einer Überbetonung digitaler Kommunikation verhindert eine Schwächung persönlicher Beziehungen, was wiederum die Entstehung eines Burn-outs verhindern kann.
Über das Buch
Burn-out bei Führungskräften: Warum auch Mitarbeiter*innen leiden
Ein Buch von Evelyne Huber
128 Seiten
€ 32,90
ISBN 978-3-63964-199-8
AV Akademikerverlag
Erscheinungsdatum: Juni 2014