Die nächste Generation an erneuerbarer Energie
Die Potentiale der ersten Generation der erneuerbaren Energien wurden teils stark unterschätzt. Nun gilt es, in die nächste Stufe der Technologie für erneuerbaren Energien einzusteigen und sich dabei auf die dezentrale und autarke Energieversorgung zu konzentrieren. Diese „nächste Generation“ an erneuerbarer Energie präsentierten und diskutierten nationale und internationale Expertinnen und Experten bei der 13. Konferenz Europäischer Regionen und Städte (KERS) in Salzburg.
Im Einleitungsreferat erörterte Monika Weber-Fahr, COO der UN-Initiative Sustainable Energy for All, welche Maßnahmen die Energiezukunft forcieren, in welchen Bereichen sich die meisten Veränderungen ergeben und wie die Bewegung weiter vorangetrieben werden kann: „Die Zukunft der Energie hängt sehr stark davon ab, was jede einzelne Stadt, Region und Regierung tut,“ so Weber-Fahr.
Sie verwies darauf, dass mehr als eine Milliarde Menschen auf der Welt keinen Zugang zu Energie und drei Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer sauberen Kochmöglichkeiten haben. Im Jahr 2030, in 13 Jahren, müssten jedoch die UNO Nachhaltigkeits-Energieziele umgesetzt sein. Bis dahin müssten eine Milliarde Menschen mit Energie versorgt und die erneuerbaren Energieträger auf 36 Prozent verdoppelt werden – aktuell liegen wir bei 18-19 %. Die Effizienz des Energieeinsatzes müsste ebenfalls verdoppelt werden. „Und wenn wir uns fragen, wo die Zukunft der erneuerbaren Energien herkommen wird, so wird dies aus Ländern kommen, welche jetzt noch keinen Energieanschluss haben und einen schnellen Zugang vorantreiben“ so Monika Weber-Fahr. Die Energieeffizienz in jenen Ländern voranzutreiben, die bereits über Energiedienstleistungen verfügen, gelte vorrangig für die reichen Länder. Das große Problem sieht Weber-Fahr in der Politik: „Es muss ein gutes Klima für erneuerbare Energie geschaffen werden, denn Geld würde es genug geben“, so Weber-Fahr, die abschließend meinte: „Wir brauchen schnelleren, leichteren Energie-Zugang. Politiker_innen müssen Politik machen, die das ermöglicht und sie müssen auch die Energieversorgung dezentralisieren.“
Gerhard Gamperl, Bereichsleiter für Corporate Development, Strategie und Innovation bei der VERBUND AG, zeigte sich in der anschließenden Podiumsdiskussion optimistisch, dass durch das Wahlergebnis der Bundestagswahl in Deutschland der Ausbau der Erneuerbaren Energien leichter und schneller erfolgen wird. Denn neben dem Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 wird durch die Grünen in der deutschen Regierung der Ausstieg aus der Stein- und Braun-Kohle vorangetrieben werden. Dadurch wird es in Österreich auch notwendig werden, umzudenken. Dies vor dem Hintergrund, dass Österreich in der Stromversorgung in den letzten zwei Wintern bereits sehr kritische Situationen zu bewältigen hatte und das Risiko für ein Blackout in Europa wächst. „Wir brauchen eine Sektorenkoppelung, wo Mobilität, Heizung und Kühlung mit an Bord sind und verlässliche Rahmenbedingungen, damit wir diesen Umbau auch wirklich schaffen“, sagte Gamperl.
Anschließend schilderte Plamen Dilkov, Vizepräsident von Confidustria Bulgaria und CEDEC, des Europäischen Verbandes der lokalen Energieunternehmen, die Situation in Bulgarien. Es gäbe verschiedene Preisgestaltungen und Technologien der Energieübertragung, wobei 76% der Endenergie seines Landes durch Zukäufe aus Europa gesichert seien. „Um wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir diesen Anteil jedoch reduzieren und die Energieeffizienz verbessern“ so Dilkov. Bulgariens Erfahrungen mit der erneuerbaren Energie hätten erst vor zehn Jahren begonnen. Beim ersten Projekt, das in Bulgarien umgesetzt wird, beträgt die installierte Energie-Kapazität 25 Megawatt. Dies reicht für 10.000 Menschen, die in der betroffenen Region leben. Geplant sind weitere Wasserkraftwerke und eine Verdreifachung des Anteils an Erneuerbare Energie.
Die Direktorin der European Renewable Energies Federation in Brüssel, Dörte Fouquet, schloss mit einem Lob an Österreich an. Österreich sei im Energiewandel etwas weiter als andere Regionen, wie die Förderung zum Ökostrom zeige. Österreich sei ein verlässlicher Partner auf einem hohen Niveau. Ohne Ziel, Planung und Verpflichtung wäre die Energiewende nicht umsetzbar. Viele EU-Staaten stünden hier an einem Scheideweg, so Fouquet. Sie plädierte dafür, „alte Matadore“ nicht mehr weiter zu schützen. Die neue Energie läge für sie ein Stück weit in der Intelligenz. „Ganz wichtig ist, und darin ist Österreich eine Sperrspitze, die Bereitschaft der Bürger, ihre Energie in ihre eigene Hand zu nehmen.“
Für Josef Schwaiger, Energie-Landesrat in Salzburg und Vertreter der Austrian Development Agency in Wien, liegt der Schlüssel nicht in der Produktion sondern im Transport von Energie und in der Antwort auf die Frage, woher der Strom kommen werde. In Salzburg würde 80 % des Energiebedarfs aus dem Bundesland kommen und 20 % des Bedarfs zugekauft werden. Schwaiger erinnerte an die harten Winter 2015 und 2016, in denen bis zu 50 % des Energiebedarfs zugekauft werden mussten. Eindringlich warnte Schwaiger davor, in der Energiewende auf zu kurzfristige Erfolge zu achten. Die Zukunft sei elektrisch und „unsere Generationen wird nicht daran gemessen werden, wie viele Sparbücher oder Immobilien, welches Vermögen in die nächste Generation transferiert werden können, sondern wir werden daran gemessen, wie wir mit der Natur umgegangen sind.“
Der Leiter der Gruppe Umweltmanagement der Erste Group Bank AG in Wien, Klaus Bergsmann, forderte anschließend mehr Kontinuität in der Politik und solide, politische Entscheidungsstrukturen. Denn nur dann können Ideen für Investitionen in erneuerbare Energien seitens der Banken unterstützt werden. „Unser Job ist es, den Risikogehalt eines Projektes zu beurteilen. Wir können nicht einem Kunden vollen Herzen empfehlen, in Photovoltaik oder alternative Energie zu investieren, wenn die Schutz- oder Stromabnahmeregelungen auf der politischen Ebene wechseln, je nachdem welche politische Partei momentan da ist“. Die größten Hemmnisse sieht Bergsmann darin, dass in Europas Energiewirtschaft die Energiekonzerne Macht- und Geldzentren seien, die Dezentralität nicht zulassen würden. Dem widersprach Gerhard Gamperl entschieden. In einer Dezentralität sähe er keine Lösung, sinnvoller wäre es Übergangsfristen zu schaffen, um Blackouts zu verhindern.
Der Geschäftsführer des Umweltbundesamtes, Georg Rebernig, fügte die notwendige Entkoppelung des Wachstums von Wirtschaft und Energieverbrauch hinzu. Damit Maßnahmen gegen den Klimawandel und die Erderwärmung greifen, müsse das Wirtschaftswachstum umgestaltet werden, sodass es nicht mehr von fossile Energieträgern mit ihren Treibhausgasemissionen abhängt. Diese Energiewende muss bis Mitte des Jahrhunderts, somit innerhalb der nächsten 30 Jahre, stattfinden. Rebernig sieht hier aus heutiger Sicht Windkraft und Photovoltaik als entscheidende Stromlieferanten. Diese hätten ökonomisches Potential, brächten regionale Wertschöpfung und Entscheidungsfreiheit. „Die Zukunft ist sicher elektrisch. Langfristig ist es keine Frage, dass Strom immer wichtiger wird“, so Rebernig. Es ist für ihn unerlässlich, unseren Energieverbrauch um die Hälfte zu senken und die Stromwirtschaft nachhaltig und zur Gänze auf erneuerbare Energieträger umzustellen.
In der anschließenden Publikumsdiskussion wurden Stromtransport und damit verbundene Konflikte um Leitungen, die Möglichkeiten der Energiespeicherung und weltweiten Energie-Vernetzung und die digitale Zukunft intensiv debattiert. Wie lauteten die abschliessenden Statements, die Moderator Stefan Veigl im Congress Salzburg bei dieser Konferenz des Instituts der Regionen Europas einholte?
Plamen Dilkov sieht die Zukunft in der erneuerbaren Energie. Wie dies zu erreichen wäre, ist eine andere Frage. Für Klaus Bergsmann ist der gute Wille vorhanden, die Energiewende werde nicht am Geld scheitern. Auch für Monika Weber-Fahr liegt die Zukunft in der erneuerbaren Energie, mit oder ohne Europa. Dies sei auch für sie keine Frage des Geldes, sondern des Leaderships und des Engagements bei zukünftigen Innovationen.
Josef Schwaiger verwies darauf, dass vieles eine Frage des Hausverstandes und nicht der Wissenschaft sei. Für ihn sei jetzt die Zeit, zu handeln und die Politik müsse die Hauptachsen für das Leben in einer Generation beantworten. Für Georg Rebernig ist wesentlich, dass sich die Politik ambitionierte Ziele setze und auch kommuniziere. Ein Mindestpreis auf CO2 solle eingeführt werden, wonach sich Akteure richten können, um die Betreiber alternativer Energie nicht mehr länger unter den niedrigen fossilen Energiepreisen zu leiden hätten. Politik solle auf europäischer und nationaler Ebene diesen niedrigen Preisen entgegensteuern. Abschließend verwies Gerhard Gamperl auf die Sonnenenergie, welche zwar ausreichend Energie abgäbe, doch noch wären wir nicht intelligent genug, um diese als nachhaltige und dezentrale Energiequelle zu nutzen. Daher müssten für Europa Kompetenzzentren geschaffen werden, um die Batteriespeicher weiter zu entwickeln und die Produktion von Wasserstoff voranzutreiben.
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